Google bindet jetzt AMP in E-Mails ein: Was bedeutet das für E-Mail-Marketing?
SEOHaben Sie jemals die Anzahl an vorschnellen Todesurteilen gezählt, die bereits zuvor gegenüber der E-Mail-Nutzung ausgesprochen wurden? Fakt ist: Während die Plattform in den letzten Jahren zugegebenermassen etwas an Bedeutung verloren hat, ist das E-Mail-Marketing als Kommunikationsinstrument dafür stärker und effektiver als je zuvor.
Diese Tatsache wurde zu Beginn des Monats im Rahmen einer grossen Ankündigung von Google nochmals bestätigt. Der Internet-Gigant plant das Open-Source-Projekt "Accelerated Mobile Pages" (AMP) zunehmend im Sinne von E-Mail-Marketing zu nutzen.
Mit diesem Schritt signalisierte der Konzern indes, den unternehmenseigenen Gmail-Dienst weiter zu entwickeln und dadurch zu fördern. E-Mails sollen künftig in einer "dynamischeren, aktuelleren und gleichzeitig umsetzbaren" Form daherkommen. Mithilfe dieser Massnahme soll ein Schritt in Richtung des langjährigen Ziels, das Internet schneller zu machen, getan werden.
Grob gesagt: Google will E-Mails fortan mit mehr Interaktivität und Effizienz ausstatten.
Derzeit gelten bzgl. des E-Mail-Marketings der meisten Unternehmen, eine Öffnungsrate von ca. 25% und eine Klickrate, auch Click-through-Rate (CTR) genannt, von mehr als 5%, bereits als überdurchschnittlich. Google möchte diesen Umstand ändern und Marketern damit zu mehr Aufmerksamkeit seitens ihrer User verhelfen.
Um dieses Vorhaben in Realität umzusetzen, wird der Aufbau sämtlicher Mails radikal in die einzelnen Bestandteile zerlegt und verändert. Der Silicon-Valley-Riese ist sich sicher: E-Mails verfügen über eine beeindruckende Langlebigkeit und Anpassungsfähigkeit. Denn trotz der Fülle an Browserdaten, die täglich online gesammelt werden, bleiben diese eine der am weitesten verbreiteten und effektivsten Formen des Direktmarketings.
Gemäss der Direct-Marketing-Association in den USA, ist der durchschnittliche E-Mail-Marketing-ROI, (Kapitalrentabilität) ca. 4x höher als der, anderer Marketingmassnahmen. Somit ist es nicht weiter erstaunlich, dass Google infolgedessen seine kreativsten Köpfe mit dem Ausbau der Gmail-Plattform beauftragte – mit grossem Effekt.
Was bedeutet das kurzfristig?
Alle Ihre liebsten Marken können neu interaktive Tools in deren E-Mails integrieren. Dazu gehören bspw. Möglichkeiten wie das Durchsuchen von Websites, Teilnehmen an Veranstaltungen und das Ausfüllen von Formulare, ohne dass Sie die Mail schliessen müssen.
Das Unternehmen plant zudem den Entwickler-Support, für die verfügbare "Preview" -Version, im späten 2018 bereitzustellen. Der E-Mail-Dienst wird indes so umfassend weiterentwickelt, dass künftig wahrscheinlich ganze Transaktionen innerhalb des "E-Mail-Körpers" möglich sein werden.
Relativ alltägliche Verbraucheraufgaben wie die Buchung von Flügen, das Verfassen von Bewertungen, Bestellungen neuer Kleidungsstücke und das Surfen im Internet, würden mithilfe dieser neuen Version über eine einzige Schnittstelle, nämlich die E-Mails, laufen. Dies führt dazu, dass Verbraucher keine Zeit mehr mit der Navigation einzelner Websites oder Suchmaschinen verschwenden, was wiederum zu einem einfacheren sowie angenehmeren Surf-Erlebnis beiträgt.
Was treibt diesen Schritt an?
Bei Google scheint es drei Hauptziele zu geben: Die Verbesserung der User Experience (Benutzerfreundlichkeit), mehr Zugriff auf Kundendaten und eine grössere Reichweite für den Verkauf digitaler Werbung.
Durch die Bereitstellung eines insgesamt "schlankeren" Dienstes, der kommerzielle Online-Transaktionen erleichtert, wird Google sein Angebot für Werbetreibende zusätzlich erweitern können. Diese Annahme basiert auf den detaillierten Erkenntnissen, die durch die Beobachtung von Millionen von Nutzertransaktionen innerhalb der Gmail-Plattform gewonnen wurden. Die dadurch erhaltenen Daten werden verwendet, um eine umfassendere digitale Persona für sämtliche Nutzer zu erstellen.
Was sind Vorteile für die Verbraucher?
Google wird zweifellos in grossem Rahmen von den Modifizierungen seines E-Mail-Dienstes profitieren. Gleichwohl beteuert das Unternehmen, dass dieses Update in erster Linie einer besseren User Experience dienen soll. Den Mittelpunkt bildet hierbei das Versprechen einer verbesserten E-Commerce-Erfahrung bei der Navigation im Internet. Diese wird durch eine direktere Beziehung zwischen Verbrauchern und ihren Lieblingsmarken sowie einer weniger aufwändigen administrativen Phase (bspw. bei Transaktionen) gewährleistet.
Durch die Integration von Live-Daten in den Mails, kann dessen Inhalt ständig überprüft und falls nötig aktualisiert werden. Keine veralteten Rabattangebote oder Termine mehr – das neue E-Mail-Marketing von Google soll es möglich machen.
Die Weiterentwicklung wird zudem dazu beitragen, ein gelegentlich umständliches Format, von bestimmten Kommunikationsinstrumenten, aufzufrischen. E-Mail-Newsletter erhalten dadurch zum Beispiel eine ganz neue Dimension. Hierbei werden den Verbrauchern deutlich prägnantere und ansprechendere Inhalte geboten. Zielseiten können währenddessen mit umfangreichen Web-Capture-Formularen versehen werden, die es Marken ermöglichen, weitere Informationen zu E-Mails und anderen Quellen zu sammeln.
Wie wird Googles Position gestärkt?
Wie bei jeder Formatänderung wird es einige Zeit dauern, bis AMP vollständig in Google Mail integriert ist. Erwarten Sie daher keine allzu radikalen Änderungen in absehbarer Zeit. Sobald die Modifizierungen abrufbar sind, wird es eine Weile dauern bis Marken diese nutzen und die Kapitalrendite prüfen können.
Weil sich die geplanten Änderungen lediglich auf Gmail beschränken, ist es unwahrscheinlich, dass sämtliche E-Mail-Formate über Nacht revolutioniert werden. Gleichzeitig bleibt abzuwarten, wie die Konkurrenz von Google auf die Einführung des AMP-Formats reagieren. Denn viele sind daran interessiert den Einfluss, der Google als Unternehmens auf das Internet hat, zu mindern und werden zweifellos alternative AMP-Angebote fördern bzw., vorantreiben.
Der anhaltende Erfolg von E-Mails wurde jedoch stets seinem einfachen Format zugeschrieben, so dass auch die noch offene Reaktionen von Verbrauchern eine entscheidende Rolle spielt. In der Vergangenheit bevorzugten diese eine Art der Kommunikation, die weniger invasiv ist und ihre tägliche Arbeit nicht unterbricht, was bei anderen Direktmarketing-Plattformen oftmals zutrifft. Viele schätzen es zudem, sich bei einem geplanten Kauf Freiheit zu bewahren, statt einer Empfehlung eines sachlichen Algorithmus zu folgen.
Trotz allem steht es Marketingfachleuten selbstverständlich nach wie vor offen, die Messlatte höher zu legen und auf diese Weise das E-Mail-Engagement voranzutreiben.
Was bedeutet das für Vermarkter?
Aus praktischer Sicht wird AMP wahrscheinlich eine Änderung bzgl. der von Vermarktern verwendeten Leistungsmetriken, die eingesetzt werden um den Erfolg einer Kampagne zu prüfen, mit sich bringen. Klickraten bspw. können so durch eine alternative Massnahme ersetzt werden, da die Verbraucher nicht länger eine E-Mail verlassen müssen, um eine Transaktion abzuschliessen.
Aus einer längerfristigen, strategischen Perspektive muss Google die Personalisierung in den Mittelpunkt dieser Veränderung stellen, um dauerhaft erfolgreich zu sein. Ist der Inhalt einer Mail nicht für jeden einzelnen Nutzer hochgradig personalisiert (was basierend auf den von Google gesammelten Daten möglich sein sollte), werden sich User von der Plattform zugunsten einer anderen mit einer besseren Marketingerfahrung abwenden.
Künstliche Intelligenz (AI) wird diesbezüglich eine tragende Rolle spielen. Tatsächlich sind AI-Marketing-Tools bereits weit verbreitet und wurden von einigen der weltweit grössten Marken eingesetzt, um die Personalisierung ihrer E-Mail-Marketingkampagnen zu fördern. Bislang wurden diese Technologien kaum darüber hinaus eingesetzt. Experten gehen jedoch davon aus, dass sich Künstliche Intelligenz in Zukunft um jeden Aspekt einer E-Mail kümmern wird. Von der Sendezeit zum Design über die Betreffzeile bis hin zum Textkörper einschliesslich massgeschneiderter Angebote für den Empfänger – die Möglichkeiten sind vielfältig.
Nicht zu unterschätzen ist der kreative Faktor. Dies ist auf die langjährige Vorherrschaft des "statischen" HTML-Formats in E-Mails, das seit vielen Jahren existiert, zurückzuführen. Vermarkter hatten bisher Schwierigkeiten, ansprechende Inhalte auf der Plattform zu erstellen, da sich E-Mails auf grundlegende Inhalte beschränken mussten. Dazu gehörten einfache schriftliche Kopien sowie primitive Designs, um sicherzustellen, dass die Mails die Zielempfänger tatsächlich erreichen.
Mit AMP kann das auf E-Mails basierende Marketing jedoch endlich revolutioniert werden. E-Mail-Marketer können ihre unerschöpfliche Kreativität walten lassen und die Modifizierung so nutzen, dass die individuellen Content-Strategien ansprechend verpackt werden können. Denn eines ist sicher: Einfache E-Mail-Formate mit begrenztem Interaktionsspielraum vermögen es kaum mehr die Kunden zu erreichen.
Die E-Mails entwickeln sich weiter, passen sich an und erfinden sich neu – und dies trotz immer wieder auftauchenden Vorhersagen ihres baldigen Ablebens. Es ist sogar erlaubt, in dieser Annahme noch einen Schritt weiterzugehen: Es scheint, dass E-Mails in absehbarer Zukunft sogar ein integraler Bestandteil von Direktmarketingstrategien sein werden. Nun, um das uralte Sprichwort, etwas aufzupeppen: Die E-Mails sind tot, lang leben die E-Mails!